Start Interview Nachgefragt: Wie präsentiert man erfolgreich in der virtuellen Welt?

Nachgefragt: Wie präsentiert man erfolgreich in der virtuellen Welt?

Tipps und Tricks vom Experten gibt es im neuen Online-Training am 14. Dezember 2020 beim Studieninstitut für Kommunikation.

Virtuelle Events, Workshops und Kongresse sind plötzlich überall. Doch die Ablenkung ist groß, wenn man zu Hause vor dem Laptop sitzt und E-Mails oder der Facebook-Feed nur einen Klick entfernt sind. Wie schafft man es als Moderator, die Teilnehmer so zu begeistern, dass sie trotzdem bei der Sache bleiben? Wie unterschieden sich virtuelle Events von Präsenzveranstaltungen, bei denen der Moderator auf der großen Bühne steht? Und was hat Aristoteles damit zu tun? Pünktlich zum Start des neuen Online-Trainings „Erfolgreich präsentieren in der digitalen Welt“ am 14. Dezember hat uns Dozent Marc Buchholz, der auch Coach und Business-Trainer ist, genau das verraten.

Herr Buchholz, Sie haben seit März sicher unzählige virtuelle Veranstaltungen besucht. Hand aufs Herz: Wie groß ist bei Ihnen die Versuchung, nebenher Mails zu checken und mal aufs Handy zu gucken? Oder machen Sie sowas nicht?
Marc Buchholz: Natürlich mache ich das, ich bin auch nur ein Mensch! Aber ob das vorkommt, hängt vor allem davon ab, wie gut der Moderator sein Thema präsentiert und wie sehr er mich fesselt. Wir nennen das den ‚Es-lohnt-sich-Faktor‘ – wenn der nicht bedient wird, sind die Teilnehmer nicht bei der Sache und schweifen ab, lesen E-Mails oder checken ihre Social Media-Kanäle. Das Schlimmste ist, wenn sie dann auch noch ihre Kamera ausschalten! Dann zu fragen: Sind Sie noch da? – das geht gar nicht.

Was muss ein Moderator denn mitbringen, damit das nicht passiert?
Marc Buchholz: Der Moderator muss in der Lage sein, den Teilnehmern auch virtuell die Hand zu reichen, sie sozusagen mitzunehmen auf eine Reise. Er muss es schaffen, sie so für sein Thema zu begeistern, dass sie von sich aus gerne dabeibleiben und mitmachen, ohne der ständigen Versuchung der Ablenkung zu verfallen. Man darf dieses Problem ruhig auch ansprechen und den Teilnehmern ganz offen sagen: ‚Nimm Dir jetzt die Zeit, schalte alle Ablenkungen aus, damit es sich für Dich nachher auch lohnt, dass Du da warst‘.

Virtuelle Events sind ja nur zweidimensional – viele Dinge, die die Sinne auf Präsenzveranstaltungen ansprechen, fehlen dabei. Wie schafft man es, die Sinne der Zuhörer trotzdem anzuregen?
Marc Buchholz: Tatsächlich sind viele Teilnehmer anfangs skeptisch – und am Ende begeistert, wie hoch die Qualität der reinen Online-Begegnung auch in ‚2D‘ sein kann. Das ist Job des Moderators: Er muss die Zuhörer aktiv einbinden, mit ihnen in Kontakt treten. Dafür gibt es mittlerweile gute Werkzeuge. Sie sorgen für einen Medienmix, der die Aufmerksamkeit der Teilnehmer immer wieder zurückholt. Und: Man sollte den Teilnehmern viel Raum für einen intensiven Austausch untereinander in ‚Breakout-Rooms‘ geben, in denen sie in kleinen Gruppen zusammenarbeiten und jeder mal zu Wort kommt.

Welche Werkzeuge sind das konkret? Können diese das mangelnde Feedback und die fehlende Interaktion bei digitalen Veranstaltungen wettmachen?
Marc Buchholz: Das sind zum Beispiel Umfragetools: Mit Mentimeter kann man Befragungen durchführen – die Teilnehmer gehen etwa vom Handy aus über einen Code auf eine Abstimmung, tippen ihre Meinung ein und sehen in Echtzeit ein Stimmungsbild am gemeinsamen Board auf dem Laptop. Das bindet die Zuhörer ein, das ist die ‚Gamification‘ der virtuellen Workshops! Andere Möglichkeiten sind ‚Collaboration Whiteboards‘ wie Trello – oder Miro: ein Werkzeug, auf dem Teilnehmer zusammenarbeiten und in Kleingruppen Pinnwände erstellen können. Wie die berühmten Post-its in der echten Welt. Und Padlet schafft Orientierung über Inhalte, die man vermitteln möchte. Wichtig auch: Icebreaker einbauen, wie zum Beispiel die Gruppe mal aufstehen oder die Augen schließen zu lassen. Bewusste Brüche schaffen, mit denen die Gäste nicht gerechnet hätten. Das funktioniert!

Wie unterscheidet sich das Moderieren in der virtuellen Welt denn von der echten Bühne?
Marc Buchholz: Das Entscheidende in der virtuellen Welt sind Kamera und Ton. Man muss seine Technik im Griff haben! Und die Tools, die man einsetzt, kennen! Technik und Programme vorher ausprobieren, wissen, welche Möglichkeiten sie bieten und wie sie funktionieren. Doch nicht nur die Technik ist wichtig. Man muss auch wissen, wie man als Trainer im Raum wirkt, gerade sitzen, oder noch besser, stehen. Wichtig ist auch die intrinsische Motivation: zu wissen, wie man sich vor dem Vortrag in einen guten Zustand bringen kann. Denn das Oxytocin, das der Körper ausschüttet, wenn man live vor vielen Menschen steht, fehlt, wenn man alleine vor der Kamera sitzt. Und man sollte sich mit neurowissenschaftlichen Zusammenhängen und verhaltenspsychologischen Aspekten auskennen, um die Teilnehmer besser zu verstehen und besser auf sie einzugehen. So viel kann dann nicht mehr schiefgehen.

Auch, wenn man seine Technik gut kennt: Wie geht man charmant damit um, wenn doch mal was hängt?
Marc Buchholz: Wir sind doch alles Menschen. Wichtig ist es, offen damit umzugehen. Wenn was nicht läuft, sprich es an! Sonst merken die Teilnehmer, dass man nicht bei der Sache ist. Eine gesunde Resilienz kann enorm helfen, Gelassenheit. Das kann man üben. Im schlimmsten Fall geht’s halt nicht, damit muss man leben. Wie im echten Leben, muss der Moderator in der Lage sein, gekonnt zu improvisieren.

Worauf muss man beim Set-up achten? Welcher Hintergrund ist geeignet, braucht man eine professionelle Location?
Marc Buchholz: Man braucht sich nicht verstecken, sondern darf ruhig zeigen, wie und wo man arbeitet und wie es im Homeoffice aussieht. Aber der Hintergrund sollte schon aufgeräumt und ansprechend sein – der Wäscheständer muss jetzt nicht im Bild stehen.

Wieso ist es überhaupt wichtig, sich die Fähigkeit, virtuell zu präsentieren, jetzt anzueignen? Sind digitale Events nicht ein Corona-Phänomen, das vorübergeht?
Marc Buchholz: Die Welt nach Corona wird nicht mehr dieselbe sein, sondern sie denkt um. Unternehmen machen sich Gedanken, ob sie ihre Manager noch nach Dubai schicken müssen, wenn das virtuell genauso geht. Die Arbeit von uns Trainern wird hybrider werden. Auch, wenn Präsenzveranstaltungen wieder stattfinden: Der Trainer der Zukunft muss in der Lage sein, die virtuellen und die Präsenzeinheiten sauber miteinander zu verzahnen und daraus eine gute Lernreise zu machen, die die Teilnehmer weiterbringt. Darauf sollte man vorbereitet sein.

Wenn Sie einen Werkzeugkoffer packen müssten mit den Tipps für eine gute virtuelle Moderation: Was kommt hinein?
Marc Buchholz: Da nehme ich die Griechen als Vorbild! Laut Aristoteles braucht es drei Sachen für die Kunst der Rede: Ethos, Pathos und Logos. Wenn man diese drei Dinge draufhat und sie gut in den virtuellen Raum übertragen kann, dann geht die Post ab! Das heißt: Ethos, also Glaubwürdigkeit. Man muss mit der richtigen Haltung an die Sache herangehen. Referenzen für sich sprechen lassen, gute Beispiele bringen, warum man für das Thema der Richtige ist. Pathos ist die Leidenschaft. Sie entsteht durch bildhafte Sprache und Metaphern und reißt so die Zuhörer mit. Logos ist die Struktur, die Folgerichtigkeit – man muss den Teilnehmern eine logische Struktur und Orientierung geben, denn das menschliche Gehirn sucht danach, egal ob virtuell oder live.

Zum Abschluss bitte ich Sie, noch drei Sätze zu vervollständigen:
– Kurz vor einer digitalen Präsentation mache ich immer …
Marc Buchholz: eine mentale Einstimmung.
– Ein virtueller Event ist gelungen, wenn…
Marc Buchholz: die Teilnehmer sagen, dass sich die Zeit gelohnt hat und sie etwas mitgenommen haben, das sie konsequent in ihrem Alltag umzusetzen wollen.
– Auf der nächsten Präsenzveranstaltung freue ich mich vor allem auf … Marc Buchholz: die Begegnung unter Menschen im wahren Leben.
Das praxisorientierte und interaktiv ausgerichtete Online-Training findet erstmals am 14. Dezember 2020 statt, ein weiterer Durchgang ist bereits für den 21. Januar 2021 terminiert.

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